Zukunft codieren, Recht gestalten – Der 12. Deutsche IT-Rechtstag – Nachschau

Ob Künstliche Intelligenz, Software-Produkthaftung, Digitalisierung der Justiz oder Netzsicherheit – die Herausforderungen für das IT-Recht sind vielfältig und zunehmend komplex. Wie kann der Gesetzgeber mit der Geschwindigkeit technologischer Entwicklungen Schritt halten? Welche regulatorischen Leitplanken sind erforderlich, um digitale Innovationen rechtssicher zu gestalten – von der Justizorganisation über anwaltliche Arbeitsprozesse bis hin zur Bekämpfung digitaler Kriminalität?

Mit diesen Fragen befasste sich der 12. Deutsche IT-Rechtstag, der am 3. und 4. April 2025 in Berlin und online stattfand. Im Mittelpunkt standen aktuelle Entwicklungen im Datenschutz, dem IT-Strafrecht, dem Urheber- und Produkthaftungsrecht sowie in der praktischen Anwendung von Legal Tech und KI-Systemen. Diskutiert wurden auch neue gesetzgeberische Vorhaben wie das NIS-2-Umsetzungsgesetz und die novellierte Produkthaftungsrichtlinie auf europäischer Ebene.

Moderiert und organisiert wurde die Veranstaltung erneut von Karsten U. Bartels, LL.M. Gemeinsam mit den Referenten bot der Deutsche IT-Rechtstag eine Plattform für juristischen Fachaustausch – praxisnah, interdisziplinär und mit Blick auf die Zukunft der Rechtsordnung im digitalen Zeitalter.

Legal Tech live – Wie Künstliche Intelligenz den Anwaltsberuf verändert

Gleich zu Beginn stellte Magdalena Okonska eine zentrale Frage der digitalen Transformation im Anwaltsberuf: „Wird KI uns langfristig ersetzen?“ Künstliche Intelligenz halte bereits Einzug in den Anwaltsberuf, doch der Mensch werde auch künftig unersetzlich bleiben. Die individuelle Beziehung zu jedem Mandanten, bei der soziale Kompetenzen und Empathie gefragt seien, könne nicht von einer KI ersetzt werden.

Vielmehr werde sie uns als Werkzeug dienen, um effizienter, teils sogar präziser zu werden, z.B. im Rahmen der Recherche. Diese Einschätzung sollte uns alle beruhigen. Künstliche Intelligenz mag den anwaltlichen Alltag verändern, doch die essenziellen Qualitäten des Berufs bleiben menschlich. Empathie, Urteilskraft und die Fähigkeit zur Vertrauensbildung sind durch Technik nicht ersetzbar. KI kann juristische Arbeit unterstützen und beschleunigen, sie aber nicht im Kern ersetzen. Gerade in einem Beruf, der auf zwischenmenschliche Kommunikation und Verantwortung setzt, bleibt der Mensch das entscheidende Element.

Was das Potenzial und gleichzeitig die Risiken von KI im Anwaltsberuf betrifft und wie man dies mit dem Urheberrecht vereinbaren kann, zeigte die Präsentation von Joerg Heidrich. Mithilfe von Bildern und Animationen verdeutlichte er die verblüffende Echtheit, die KI mittlerweile suggerieren kann und brachte das Publikum dabei mehr als einmal zum Lachen. Er warnte jedoch auch vor den urheberrechtlichen und haftungsrechtlichen Herausforderungen. Verblüffend waren hier vor allem die Abbildungen von Menschen. Bei einer Abstimmung im Saal, könnten nur wenige Teilnehmer der Veranstaltung erkennen, auf welchen der gezeigten Bilder echte und auf welchen KI-generierte Menschen zu sehen waren.

Mit einem Perspektivwechsel hin zur technischen Expertise führte Prof. Dr.-Ing. Stefan Wagenpfeil die Zuhörenden in die Welt der IT-Gutachten für KI-Systeme. In seinem Vortrag „IT-Gutachten von KI-Systemen“ beleuchtete er die Herausforderungen und Anforderungen an die Erstellung von IT-Gutachten im Kontext von KI-Systemen, insbesondere im Hinblick auf deren technische Komplexität und rechtliche Bewertung.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf Umsetzung der europäischen Gesetzgebung: Thomas Sievers, Referent im Bundesministerium des Innern und für Heimat, adressierte in seinem Vortrag die Herausforderungen und aktuellen Entwicklungen bei der nationalen Umsetzung.

Auch der unternehmensübergreifende Datenaustausch stand im Fokus: Dr. Lara Schäfer, LL.B. sprach in ihrem Vortrag „Datenvermittlungsstrukturen – Potenzial und rechtliche Umsetzungsprogrammatik beim unternehmensübergreifenden Datenaustausch“ über die Chancen und Herausforderungen bei der Schaffung rechtssicherer Datenräume. Sie zeigte auf, welche rechtlichen Grundlagen nötig sind, um Vertrauen, Transparenz und Interoperabilität in Datenökosystemen zu gewährleisten – ein zentraler Baustein für die datengetriebene Wirtschaft der Zukunft.

Wie man komplexe juristische Inhalte auch außerhalb der Kanzlei verständlich macht, zeigte Dr. Philip Raillon. Der Redakteur der ARD-Rechtsredaktion in Karlsruhe, gewährte in seinem Vortrag „Live aus Karlsruhe – Berichterstattung über juristische Themen“ einen Einblick in die journalistische Aufbereitung komplexer rechtlicher Sachverhalte für ein breites Publikum.

Tatort Internet – Strafrecht und Datenschutz im digitalen Zeitalter

Einen kritischen Blick auf die digitale Welt warf der Strafverteidiger Uwe Freyschmidt. Er thematisierte in seinem Vortrag die strafrechtlichen Herausforderungen bei der Verfolgung von Online-Hasskriminalität und beleuchtete dabei die praktischen Grenzen der Strafverfolgung aus der Perspektive der Verteidigung.

Dr. Lea Stegemann lenkte den Fokus auf eine andere zentrale Herausforderung des digitalen Zeitalters: den Schutz persönlicher Daten und die Erfassung immaterieller Schäden. Sie berichtete über die Schwierigkeit der Begriffsdefinition von immateriellem Schadensersatz in der DSGVO, der Erklärung eines Gefühls wie der „Furcht, weil sensible Daten außer Kontrolle geraten“ sind und wie durch Sammelklagen wirksam gegen Datenklau vorgegangen werden kann.

Reformdynamik in der Rechtsordnung: Digitalisierung der Justiz & neues Produkthaftungsrecht

Ebenfalls aktuell sind die Entwicklungen in der Digitalisierung der Justiz. Richterin Isabelle Biallaß zeichnete ein aktuelles Bild der Justiz im digitalen Wandel. Elektronischer Rechtsverkehr ist inzwischen Standard, Videoverhandlungen Alltag. Besonders hervorzuheben: Bundesweite Projekte wie die Justizcloud und ein digitales zivilgerichtliches Verfahren zeigen, dass der Staat zunehmend digital mitgestaltet. Es scheint, als ziehe ein Hauch von Aufbruch durch die sonst so statische Landschaft deutscher Aktenordner.

Digitale Herausforderungen enden jedoch nicht im Gerichtssaal – auch der Gesetzgeber ist gefragt, neue Wege zu beschreiten. Einen besonders interessanten Blick in die Zukunft warf deshalb Dr. Carsten Brodersen. In seinem Vortrag zur neuen EU-Produkthaftungsrichtlinie wurde deutlich: Software gilt nun ausdrücklich als Produkt mit haftungsrechtlichen Folgen. Entwickler haften auch nachträglich bei Schäden durch Updates oder unterlassene Sicherheitsmaßnahmen. Damit stärkt die Richtlinie Verbraucherrechte und passt das Produkthaftungsrecht an die digitale Realität an.

Weichenstellung für morgen – Impulse für die Zukunft der davit

Der neue GfA

Mit frischem Wind und neuem Team im GfA startet die davit in das kommende Jahr. Zur Vorsitzenden des GfA wurde Dr. Christiane Bierekoven gewählt, ihre Stellvertreterin ist Alexandra Milena Stojek, LL.M. Als Bindeglied zwischen DAV und davit wirkt Julia Heise, LL.M., in ihrer Funktion als Mitglied des DAV-Vorstands und des GfA.

Ergänzt wird der Ausschuss durch die neu gewählten Mitglieder Marieke Merkle, Dr. Thomas Lapp, Stephan Schmidt, Florian König, M.L.E. und Markus Timm. Die Aufgabe des Kassenprüfers übernimmt in diesem Jahr Prof. Dr. Ulrich Luckhaus.

Der 12. Deutsche IT-Rechtstag zeigte eindrucksvoll: Der technologische Fortschritt lässt sich nicht aufhalten – aber rechtlich gestalten. Dafür braucht es Formate wie den Deutschen IT-Rechtstag, der den Austausch unter Juristinnen und Juristen sowie auch Studierenden ermöglicht. Die studentische Initiative recode.law bringt Legal Tech direkt dorthin, wo die Juristen von morgen lernen – an die Fachschaften der Universitäten.

Die davit 13. Deutsche IT-Rechtstag lädt (vorrausichtlich) am 23. und 24. April 2026 erneut zu spannenden Einblicken, fachlichem Austausch und zukunftsweisenden Diskussionen ein – seien Sie dabei!

Hanna Macha

Hanna Macha, Studentische Mitarbeiterin bei HK2 Rechtsanwälte