Digitalisierung im Rechtsmarkt – internationale Trends
Im Gespräch mit Herrn Dr. Cord Brügmann
Charlotte Albach: Herr Brügmann, auf dem IT-Rechtstag 2022 werden Sie einen Vortrag über die Digitalisierung des Rechtsmarktes und seine Internationalen Trends geben und damit ein Thema behandeln, das mittlerweile die allermeisten in der Rechtsbranche betrifft. Würden Sie uns einen kleinen Einblick über den Vortrag geben? Was erwartet uns?
Dr. Cord Brügmann: Ich freue mich, mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des IT-Rechtstags 2022 auf die Legal-Tech-Entwicklungen der letzten Jahre zu blicken und darauf, was nach dem Abflauen des ersten Hypes übriggeblieben ist. Dabei werde ich nicht nur auf den Markt schauen, sondern auch auf internationale Regulierungs-Trends.
Charlotte Albach: Wie schätzen Sie die aktuelle Lage der gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Digitalisierung des Rechtsmarktes ein? Sind wir vorbereitet auf das, was immer mehr kommt und wieso (nicht)?
Dr. Cord Brügmann: Erfolgreiche Unternehmen der Legal-Tech-Branche zeigen, dass die Rahmenbedingungen so schlecht nicht sind. Und in der letzten Legislaturperiode sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für zeitgemäße Rechtsdienstleistungen modernisiert worden. Trotzdem muss diese Entwicklung weitergehen. Das bedeutet nicht nur, dass der Gesetzgeber ein bisschen an BRAO- und RDG-Stellschrauben dreht; ich denke vielmehr an neue Techniken der Regulierung wie Reallabore und Experimentierklauseln, die in anderen Branchen und auch in ausländischen Rechtsmärkten schon erfolgreich eingeführt wurden.
Charlotte Albach: Inwiefern denken Sie, hat sich die Digitalisierung des Rechtsmarktes durch die Corona-Pandemie entwickelt? Wurden hier notwendige und gute Fortschritte gemacht oder vielleicht auch einige Themen überhastet angegangen?
Dr. Cord Brügmann: Interessanterweise liegt ein starker Fokus der Digitalisierungsthemen seit Beginn der Corona-Pandemie bei der Justiz. Darüber werde ich auch beim IT-Rechtstag sprechen.
Charlotte Albach: In ihrem Podcast „Rechtsgespräch“ sprechen Sie viel über Digitalisierungsthemen und auch über andere rechtliche Fragen, u.a. mit Bundestagsabgeordneten und internationalen Gästen. Wie kam die Idee für den Podcast und wieso haben Sie dieses Format gewählt?
Dr. Cord Brügmann: Ich habe in Deutschland ein Forum für die Themen Zugang zum Recht und Rechtsmarktregulierung vermisst: Das ist im Ausland anders, wo ein viel intensiverer interdisziplinärer Diskurs über diese Themen stattfindet. Den wollte ich ein bisschen zu uns holen. Und ich bin neugierig darauf, welche Vorstellungen Rechtspolitikerinnen und Rechtspolitiker in Deutschland davon haben, wie sich der Rechtsmarkt entwickeln soll.
Charlotte Albach: Welche Folge war für Sie bisher die spannendste Folge? Welches Thema möchten Sie in Zukunft gerne noch in Angriff nehmen?
Dr. Cord Brügmann: Jeder Gast bringt spannende Aspekte in die Diskussion ein. Was ich immer besonders interessant finde, sind empirische Erkenntnisse über unbefriedigte Rechtsberatungs-Bedarfe, wie das in den Sozialwissenschaften heißt. Auf Englisch gibt es dafür den Begriff unmet legal needs; das ist ein Forschungsfeld, das Parlamenten und Berufsorganisationen Daten gibt, um bessere Rechtspolitik zu machen. Ich habe darüber u.a. mit Gästen aus Kanada Gespräche geführt. Was mich immer wieder beeindruckt, sind Geschichten über Tech-Startups aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Ein Highlight war das Gespräch mit Tomilola Adajena aus Nigeria, die ein Fintech-Startup aufgebaut hat, das 100.000en Menschen sicheren Zugang zu Finanzdienstleistungen gebracht hat. Und ich freue mich immer wieder über Gäste, die bereit sind zu einem Streitgespräch. Künftig werde weiter deutlich machen, dass Zugang zum Recht viel mehr ist als Zugang zur Justiz. Und dabei werde ich überall hinschauen, wo Innovationen stattfinden, vor allem im Ausland.
Charlotte Albach: Beim Hören ihres Podcasts ist mir besonders positiv aufgefallen, wie genau Sie auf Ihre Gesprächspartner:Innen vorbereitet sind und auch inhaltlich auf sie eingehen können. Ich stelle mir die regelmäßige Vorbereitung auf solche Gespräche, vor allem in Verbindung mit anderen freiwilligen Engagements wie z.B. Ihrer Mitgliedschaft im Beirat des Legal Tech Verbands, sehr zeitaufwendig und auch anstrengend vor. Wie schaffen Sie es im Übrigen, dies mit Ihrer beruflichen Karriere in Ausgleich zu bringen bzw. zu verbinden?
Dr. Cord Brügmann: Das ist gar nicht so schwer, wenn man neugierig bleibt auf Menschen und ihre Geschichten. Und ich finde: Wenn meine Gäste sich schon Zeit für ein Rechtsgespräch nehmen, dann haben sie es auch verdient, dass ich mich als Gastgeber ordentlich vorbereite.
Charlotte Albach: Apropos Karriere: Könnten Sie StudentInnen/ReferendarInnen wie mir als Experte in der Rechtsmarktentwicklung, insbesondere im Bereich des IT-Rechts, drei Tipps mitgeben, die Ihrer Meinung nach für späteren beruflichen Erfolg beachtenswert sind?
Dr. Cord Brügmann: Nehmen Sie mit, was Ihnen in der Jurist:innenausbildung angeboten wird. Schauen Sie auf Rechtsentwicklungen im Ausland, schon weil sie dadurch Ihren Blick auf Deutschland schärfen. Und versuchen Sie, neben dem Recht auch die Wirklichkeit der Branche(n) zu verstehen, auf die Sie sich spezialisieren.
Charlotte Albach: Auf welchen Vortrag beim IT-Rechtstag 2022 freuen Sie sich persönlich am Meisten und wieso?
Dr. Cord Brügmann: Ganz ehrlich: Nach 2 Jahren Corona freue ich mich besonders auf den persönlichen Austausch zwischen den Vorträgen.
Charlotte Albach: Vielen Dank für die interessanten Antworten und bis bald auf dem IT-Rechtstag 2022!
Dr. Cord Brügmann, Rechtsanwalt, Berlin
Charlotte Albach, HK2 Rechtsanwälte