Steuerrecht überall – auch bei IT-Leistungen: Schwerpunkte für Beratung und Gestaltung

Im Gespräch mit Herrn Dr. Tobias Sedlmeier

Samuel Hartmann: Herr Dr. Sedlmeier, Sie halten beim 9. Deutschen IT-Rechtstag einen Vortrag zum Thema „Steuerrecht überall – auch bei IT-Leistungen“. Inwieweit stellt das Steuerrecht bei der IT-Rechtsberatung eine unterschätzte Herausforderung dar?

Dr. Tobias Sedlmeier: Bei der rechtlichen Betrachtung von IT-Leistungen und der Verhandlung von IT-Verträgen haben die IT-Rechtsberater oft keine oder nur wenige Kenntnisse im Steuerrecht – und umgekehrt die Steuerrechtler häufig nur unzureichende Erfahrung im Bereich IT. Daraus entsteht eine gefährliche Beratungslücke mit entsprechenden Risiken für die Beteiligten.

Samuel Hartmann: Was für Probleme sehen Sie diesbezüglich im Rahmen Ihrer Beratungstätigkeit häufiger?

Dr. Tobias Sedlmeier: IT-Rechtsberatern fehlt oftmals das steuerrechtliche Problembewusstsein und in Bezug auf reale Risiken das nötige Störgefühl, um präventiv beraten zu können. Die steuerrechtlichen Implikationen von IT-Leistungen werden so unbewusst ignoriert und die IT-Rechtsberater bemerken nicht, wann es nötig wäre, Steuerrechtler hinzuzuziehen.

Samuel Hartmann: Inwiefern beobachten Sie eine zunehmende Verknüpfung der beiden Rechtsgebiete und wie vorteilhaft sehen Sie es für IT-Rechtler an, auch Kenntnisse im Steuerrecht zu besitzen?

Dr. Tobias Sedlmeier: Das Steuerrecht bietet den IT-Rechtlern die Chance, sich als Berater zu präsentieren und zu bewähren, die auch die bilanziellen und finanziellen Vertrags- und Transaktionsfolgen für die Beteiligten im Blick haben. Dies stärkt und festigt die Position der IT-Rechtsberater gegenüber ihren Mandanten und schafft Vertrauen.

Samuel Hartmann: Reformen des Steuerrechts sind einer der Kernbestandteile des Koalitionsvertrages. Insbesondere soll das Besteuerungsverfahren endlich stärker digitalisiert werden. Inwieweit könnte Deutschland mit einem anderen Steuerrechtsrahmen zu einem attraktiveren Standort für IT-Unternehmen aufsteigen?

Dr. Tobias Sedlmeier: Das deutsche Steuerecht genießt nicht umsonst den zweifelhaften Ruf, eines der kompliziertesten weltweit zu sein. Zudem fehlen Verlässlichkeit und Konstanz. Das deutsche Steuerrecht ist sehr stark interessengetrieben und wird jeweils situativ angepasst. Die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens ist zu begrüßen – seit langem überfällig wäre vor dem genannten Hintergrund aber vor allem eine Vereinfachung des gesamten Steuersystems und Steuerrechts.

Samuel Hartmann: Unabhängig vom Steuerrecht – welche (IT-) rechtlichen Entwicklungen verfolgen Sie momentan mit besonderem Interesse?

Dr. Tobias Sedlmeier: Mit Sorge verfolge ich, dass sich die generelle Tendenz zur Überregulierung seit einigen Jahren auch im Bereich IT breitmacht. Diese Entwicklung bekam mit der DS-GVO nochmals einen massiven Schub. Seither meint der Gesetzgeber, im Bereich IT besonders umfangreich regulieren zu müssen – was jedoch häufig zu unnötiger Gesetzgebung führt, die noch dazu oft handwerklich mangelhaft gestaltet und nicht zu Ende gedacht ist. Dies geht auf Kosten der Innovationsfreude und -fähigkeit der IT-Branche.

Samuel Hartmann: Zum Schluss nochmal zum IT-Rechtstag: Was erhoffen Sie sich von der Veranstaltung? Gibt es etwas, auf das Sie sich besonders freuen?

Dr. Tobias Sedlmeier: Das Programm des IT-Rechtstags betont völlig zutreffend das IT-Recht als Querschnittsmaterie, die alle Lebens- und Rechtsbereiche tangiert. Daher freue ich mich darauf, Impulse aus verschiedensten „Ecken“ unseres breiten Beratungsfeldes zu bekommen – und natürlich auch darauf, viele bekannte Gesichter nach langer „Online-Zeit“ wieder persönlich zu treffen.

Dr. Kristina Schreiber

Dr. Tobias Sedlmeier, Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht, Dr. Sedlmeier & Dr. Dihsmaier, Rechtsanwälte, Heidelberg

Charlotte Albach

Samuel Hartmann, HK2 Rechtsanwälte