Legal Tech – Chancen und Herausforderungen für den Rechtsmarkt

Im Gespräch mit Frau Lina Fredebeul

Charlotte Albach: Frau Fredebeul, Sie sind angehende Juristin und Vorsitzende von recode.law e.V., Deutschlands größter studentischer Legal Tech Initiative. Wofür setzt sich recode.law ein? Was ist ein persönliches Anliegen Ihrerseits?

Lina Fredebeul: recode.law ist ein gemeinnütziger, eingetragener Verein mit dem Ziel, die Innovation und Digitalisierung im juristischen Bereich (Legal Innovation und Legal Tech) voranzutreiben und mitzugestalten. Unser Tätigkeitsfeld ist breit gefächert. So wollen wir Diskussionen fördern und dafür einen Raum schaffen, aber uns auch eigenständig weiterbilden.
Mein Anliegen ist es, Bewusstsein für Legal Tech zu schaffen und das Potenzial davon zu verdeutlichen. Legal Tech hat so viele Einsatzmöglichkeiten und kann den Menschen zu mehr Zugang zum Recht verhelfen.

Charlotte Albach: Im letzten Jahr veranstaltete recode.law zum Beispiel Podiumsdiskussionen zur Zukunft der juristischen Ausbildung oder veröffentlichte regelmäßig eigene Podcast Episoden, beispielsweise zur Online-Klage. Auf welche Veranstaltungen und Formate können wir uns in der Zukunft freuen?

Lina Fredebeul: Geplant sind verschiedene Events, unter anderem zu den Themen Metaverse und Künstliche Intelligenz. Neben unserem Podcast veröffentlichen wir regelmäßig Aufsätze. Alle zwei Wochen verschicken wir auch unseren Newsletter, den NewLaw Radar. In diesem besprechen und berichten wir über aktuelle Themen, die die juristische Welt gerade bewegen. Abonnieren kann man diesen übrigens über unsere Website: www.recode.law.

Charlotte Albach: Für eine studentische Initiative, die noch nicht besonders alt ist, hat recode.law durch Kooperationen mit Wirtschaftsgrößen bereits durchaus Erfolg und Reichweite generiert. Mir ist bei meiner Recherche zu recode.law besonders aufgefallen, wie professionell und optisch ansprechend ihr Online-Auftritt auf jeglichen Plattformen ausgestaltet ist. Inwiefern ist das heutzutage Ihrer Meinung nach der Schlüssel zum Erfolg? Hatten Sie mit recode.law hier von Anfang an eine Strategie?

Lina Fredebeul: Eine intuitive und nutzerfreundliche Oberfläche ist wichtig, um möglichst viele Leute abzuholen. Ist etwas zu kompliziert oder unübersichtlich gestaltet, hat man keine Lust, sich erst durch Sachen durchzuwühlen, um zu den Informationen zu gelangen. Daher wollen wir einen niedrigschwelligen Zugang zu Informationen und Eventformaten über unseren Webauftritt und unsere Social-Media-Kanäle schaffen. Um diese Professionalität aufzubauen und zu halten, mussten wir seit dem ersten Tag sehr strukturiert und organisiert arbeiten.

Charlotte Albach: Als Jura-Studentin stelle ich fest, dass das Studium nach wie vor sehr wenig auf den Wandel des Rechtsmarktes hin zu Legal Tech vorbereitet. Was wäre Ihrer Ansicht nach in der Ausbildung notwendig, um mehr junge Studierende auf das Thema aufmerksam zu machen? Wieso würden Sie die Beschäftigung mit Legal Tech an Studierende wie mich (nicht) weiterempfehlen?

Lina Fredebeul: Bereits im Studium sollten Legal Tech Inhalte vermittelt und die Studierenden darauf aufmerksam gemacht werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass es einen großen Mehrwehrt schafft, so früh wie möglich mit Legal Tech in Berührung zu kommen und sich damit auseinanderzusetzen. Wenn Studierende bereits in den Vorlesungen dafür sensibilisiert werden, Prozesse zu hinterfragen, können diese neu gedacht werden und wir dadurch unausgeschöpfte Digitalisierungspotenziale erkennen. Gerade im Studium ist das der optimale Zeitpunkt, da man die meisten Prozesse des status quo noch nicht verinnerlicht hat und sich nicht anpassen oder umdenken muss. Auch der Berufseinstieg wird dadurch deutlich leichter werden.

Charlotte Albach: Warum wurden Sie darauf aufmerksam und wie entstand ihr Interesse in diesem Bereich? Wie kam bei Ihnen dann die Verbindung zur davit und zum Deutschen IT-Rechtstag zustande?

Lina Fredebeul: Recode.law habe ich bereits länger verfolgt, da ich die innovativen Ansätze sehr spannend fand. 2021 bin ich dem Verein beigetreten und seitdem aktives Mitglied. Karsten Bartels und ich haben uns letztes Jahr beim IT-Rechtstag kennengelernt. Dort entstand erstmals die Idee gemeinsam etwas zu machen.

Charlotte Albach: Wie schätzen sie das Verhältnis von Legal Tech und IT-Recht ein? Funktioniert IT-Recht noch ohne Legal Tech?

Lina Fredebeul: Das IT-Recht würde auch ohne Legal Tech noch bestehen, da es dabei um digitale Sachverhalte geht und es eine Vielzahl von diesen außerhalb des Legal Tech Bereichs gibt. Es ist wichtig, dass man dabei differenziert: Legal Tech ist die Digitalisierung des Rechts, wohingegen das IT-Recht das Recht digitaler Sachverhalte umfasst.

Charlotte Albach: Zum Schluss ein Blick in Ihre berufliche Zukunft. Seit einiger Zeit brodeln die Ideen zu einer Reform des Arbeitsmarktes und Stimmen, die beispielsweise eine 4-Tages-Woche fordern, werden immer lauter. Wie sehen Sie diese Entwicklung, was macht Ihrer Ansicht nach einen attraktiven Job aus? Gibt es drei Punkte, die Ihnen besonders wichtig sind und die Ihr zukünftiger Arbeitgeber erfüllen sollte?

Lina Fredebeul: Für mich persönlich ist es wichtig, dass ich mich stetig weiterentwickeln kann und dabei auch eigene Ideen mit einbringen kann. Außerdem spielt das Team für mich eine große Rolle. Eine enge Zusammenarbeit funktioniert einfach besser, wenn eine gute Atmosphäre beim Arbeitgeber herrscht. Wichtig ist für mich außerdem, dass ich neben meinem Beruf noch Zeit finde, mich mit anderen Dingen zu beschäftigen und Freunde und Familie zu treffen. Dies fördert meiner Meinung auch die Leistung und Kreativität auf der Arbeit.

Charlotte Albach: Was erwartet uns bei Ihrem Vortrag zum Thema „Legal Tech – Chancen und Herausforderungen für den Rechtsmarkt“ auf dem Deutschen IT-Rechtstag 2023?

Lina Fredebeul: In dem Vortrag möchte ich vor allem hervorheben, warum Legal Tech so wichtig ist und was alles damit möglich ist. Da wir uns in unserer Branche gerade erst am Anfang der Digitalisierung befinden, stehen wir natürlich auch vor einigen Herausforderungen. Auch auf diese möchte ich gerne eingehen.

Charlotte Albach: Frau Fredebeul, Vielen Dank für das interessante Gespräch und bis bald auf dem Deutschen IT-Rechtstag 2023 am 27./28. April in Berlin!

Lina Fredebeul

Lina Fredebeul, Vorstandsvorsitzende, recode.law, Köln

Charlotte Albach

Charlotte Albach, HK2 Rechtsanwälte