Nutzung von Maschinen- und Produktionsdaten – Datenökonomie & Vertragsgestaltung

Interview mit Dr. David Bomhard

Alexandra Stojek, davit: Lieber David, wie schön, dass wir dich für den Karlsruher IT-Rechtstag am 26.03.2022 gewinnen konnten. Plauder doch mal ein bisschen aus dem Nähkästchen, wie kommt es, dass du Physiker und Rechtsanwalt zugleich bist?

Dr. David Bomhard: Ich habe mich als Schüler immer für Natur und Technik interessiert. Nach dem ersten juristischen Staatsexamen wollte ich es dann nochmal wissen und habe mich für das Physikstudium an der LMU eingeschrieben … und es durchgezogen. Das Physikstudium hat sich auch prima mit dem Rechtsreferendariat, bei dem man ja viele Freiheiten hat, kombinieren lassen. Ein solcher Perspektivenwechsel beugt auch der Gefahr vor, sich bei der Vorbereitung auf das zweite juristische Staatsexamen geistig wundzuliegen. Übrigens gibt es ganz erstaunliche Parallelen zwischen Jura und Physik – insbesondere muss man in beiden Disziplinen Gesetze anwenden. Wer wirklich gute physikalische Modelle will, muss sich die Mühe machen, an den Details rumzuschrauben, ohne den Überblick und den Sinn für den Gesamterfolg zu verlieren – ganz ähnlich läuft es auch bei der Gestaltung und Verhandlung von IT-Verträgen.

Alexandra Stojek, davit: Beim Karlsruher IT-Rechtstag wirst du uns das Thema „Nutzung von Maschinen- und Produktionsdaten – Datenökonomie & Vertragsgestaltung“ näher bringen. Was erwartet uns in deinem Vortrag?

Dr. David Bomhard: In meinem Vortrag wird es um die zivilrechtlichen Grundlagen der Datenwirtschaft gehen. Daten sind das Herzstück der digitalen Wirtschaft, ihr Austausch bietet erhebliches Wertschöpfungspotential. Das lässt sich ökonomisch daran messen, dass Maschinen- und Prozessdaten ein hoher wirtschaftlicher Wert zukommt. Unternehmen sind bereit, für bestimmte Datensätze große Summen auszugeben, um diese Datensätze anschließend mit künstlicher Intelligenz auf neue Optimierungs- und Wertschöpfungsmöglichkeiten zu scannen. Und immer wenn ein Datenaustausch geplant wird, stellt sich die Frage, wie sich die eigene Daten-Wertschöpfung rechtlich absichern lässt.

Alexandra Stojek, davit: Und wie erfolgt diese Absicherung?

Dr. David Bomhard: Nach derzeitiger Rechtslage kann die wirtschaftliche Datenzuweisung – da es für Rohdaten im Grundsatz keinen inter omnes geltenden IP-Schutz gibt – nur auf vertraglicher Basis erfolgen. Hierbei gewinnen sogenannte Datenlizenzverträge zunehmend an Bedeutung, da sie flexible und praktikable Lösungen ermöglichen. In meinem Vortrag werde ich die Herausforderungen beleuchten, die sich bei Vertragsgestaltung stellen und Best Practices für Datenlizenzverträge aufzeigen.

Alexandra Stojek, davit: Wie so vieles an technischem Fortschritt ist der Umgang mit Daten bislang gesetzlich schwer greifbar. Die Maschinen- und Anlagebaubranche lehnt jedenfalls ein Recht auf Dateneigentum ab. Was sind deine Empfehlungen an den Gesetzgeber?

Dr. David Bomhard: Ein exklusives Dateneigentum würde vermutlich zu Datenmonopolen führen und käme somit einer Innovationsbremse gleich, zumal der Gesetzgeber vor dem nahezu unlösbaren Dilemma stünde, wem er dieses Dateneigentum eigentlich zuweisen soll. Insbesondere bei Maschinendaten geht der politische Trend in Europa ohnehin Richtung Open Accessibility. Das zeigt sich ganz besonders an dem Entwurf des Data Act, den die EU-Kommission am 23.02.2022 vorgelegt hat.

Alexandra Stojek, davit: Was hat es mit dem Data Act auf sich?

Dr. David Bomhard: Im Kern handelt es sich beim Entwurf des Data Act um eine Neuordnung der Rahmenbedingungen des Datenzugangs und der Datennutzung. Sowohl für die Privatwirtschaft als auch für den öffentlichen Sektor sollen echte Zugangsrechte zu Daten geschaffen werden, um damit den Datenaustausch anzukurbeln. Zugleich sollen Dateninhabern, Produktherstellern und Cloud-Anbietern erhebliche Pflichten auferlegt werden. Der Entwurf des Data Act hat das Potential, die Spielregeln der Data Economy grundlegend zu verändern. Natürlich werde ich zum Karlsruher IT-Rechtstag einige Thesen zum Data Act mitbringen und freue mich schon sehr auf die Diskussion.

Alexandra Stojek, davit: Vielen Dank, David, für das Gespräch. Ich freue mich ebenfalls auf Deinen Vortrag, das Thema finde ich megaspannend!

Dr. David Bomhard, Referent: Nutzung von Maschinen- und Produktionsdaten – Datenökonomie & Vertragsgestaltung

Alexandra Milena Stojek, LL.M., RAin, FA IT-Recht, davit Gebietsleiterin Südwest